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Heißes aus dem Henkelmann

 

donau-duernstein

 

 

Ratternd setzt sich die Bergbahn im Schieferbergwerk Mayen in Bewegung. Gelächter und Gebrabbel dröhnt durch das Gestein, 30 Männer und Frauen pressen sich in den Sitzen aneinander. Plötzlich fliegt die Lore aus dem Gleis. Rund 20 Meter stürzen die Waggons hinunter in die Tiefe, Schieferbrocken bersten vorbei, dann wird es still und tiefste Nacht. Sekunden später ist der Blick aufs nächste Hindernis fixiert. Eine Schieferwand erhebt sich aus dem Nichts, mit satten 150 km/h donnert die Gruppe darauf zu.

 

Szenen eines neuen Actionfilms? Das katastrophale Ende einer Achterbahnfahrt? Keineswegs. Nur ein Abenteuerhäppchen, bodenständig und rein virtuell vom Besucherbergwerk der Stadt Mayen serviert. “Nur mit staubigen Vitrinen lockt man ja heute keinen mehr hinterm Ofen hervor“, weiß der 50jährige Museumsdirektor Dr. Bernd Österwind. „und seitdem wir nun auch kulinarisch etwas bieten, kommen noch mehr Leute“.

 

Eine ganze Stunde lang kann er bei so genüsslichen Anspielung informativ die Laune bei der Führung oben halten. Auch wenn es bei drei Grad unter Tage reichlich kalt ist und auch mal von der Decke tropft. Während der Besichtigung heizt Bergwerkswirt Willy Wolf seinen späteren Gästen schon kräftig ein, reicht Schieferschnaps und Schieferbier, dazu knusprig, würziges Schieferbrot aus Natursauerteig und geröstetem Malzmehl. Alles Schiefer, oder was? „Mayen wurde ja auf dem Gestein erbaut“, meint Wolf, „da spielt es auch kulinarisch eine Rolle“. Allerdings erst, seitdem der 36jährige Catering-Unternehmer alte Rezepte von Bergfamilien wieder entdeckte und diese gebrannt, gebraut und gebacken aus dem schiefulösen Eifel-Nirwana neu erweckte. Beim anschließenden Dinner unter Tage tischt er dann noch mal so richtig auf.

 

Heiße 25°C wabern einem in dem zum Restaurant umdekorierten Nebenstollen entgegen. Als wäre man dem Mittelpunkt der Erde in Lichtgeschwindigkeit näher gekommen. Der Schweiß bricht manchem aus, da kommt das kalte Schieferbier gerade wieder recht. Trotz kräftiger 12,8 % Alkoholgehalt schmeckt es erstaunlich leicht und bleibt tolerant für den folgenden Schieferwein. Einem halbtrockenen Koberner Riesling von der Untermosel. „Die Trauben wurden natürlich auf Schieferboden angebaut“, doziert Wolf, „doch dadurch ist der Riesling auch nicht mit der typisch starken Säure behaftet.“

 

Auf den Geschmack gekommen ist da auch die 45jährige Christine Weig, Vorsitzende des Inner-Wheel-Clubs, der an diesem Abend unter Tage sein 18jähriges Bestehen feiert. Reklamereif ihr Kommentar, als sie an dem Tropfen nippt: „Alleine deswegen habe ich das Dinner schon gebucht“. Doch keineswegs der einzige Grund. Chinese, Italiener oder Grieche – das war für sie einfach ein ausgelutschtes Esserlebnis: „Wir wollten uns einfach etwas Besonderes gönnen. Was ist da besser als eine Feier in diesem geheimnisvoll-romantischen Ambiente?“. Sie zeigt auf die schummrig flackernden Froschlampen, die Platzteller aus Schiefergestein auf den weiß gedeckten Tischen, auf die Fotos von einfahrenden Kumpeln an den Wänden, dem Schiefergeröll rundherum und dem Schreitbagger um die Ecke. Sie ist eine Mayenerin, und so schwingt reichlich viel Eigenwerbung in den Sätzen mit. Doch ein Großteil der heimatlichen Industrie brach bedrohlich in den letzten Jahren weg. Da kam die rettende Tourismus-Idee von Willy Wolf nun mal gerade recht. Den Kölner Rentner Ulrich Oberrecht lässt das allerdings kalt, die Führung durchs Bergwerk dagegen nicht. Dass die Schieferstollen 1944 als Luftschutzbunker erschlossen wurden, war ihm vorher nicht bekannt. „In den alten Luftschutzräumen habe ich mich plötzlich wieder an die Kölner Bombennächte meiner Kindheit erinnert“, erzählt er bewegt. Ausgestellte alte Schuhe, Sperrholzkoffer, Notfallkästen aus den 40er Jahren und aus den Wänden klingende Hörbücher mit Kriegserzählungen ließen bei ihm die unschöne Vergangenheit plastisch wieder zu Tage treten.

 

Seitdem die Pforten der Erlebnis-Unterwelt am 5. Oktober 2004 eröffnet wurden, braucht sich Willy Wolf über fehlende Buchungen nicht zu beklagen. Vier Gruppen pro Woche reisen bundesweit an. Überwiegend Kundenveranstaltungen, Produkt-Präsentationen oder Firmenfeiern - kein Wunder, dass der Mayener sich da auch technisch gut wappnen musste. Mit Overhead-Projektor, Video-Beamer, Mikrofon und was man sonst noch braucht fürs multimediale Geschäftsevent. Doch eigentlich wird jede noch so dröselige Firmenveranstaltung automatisch bei ihm schon zum „tiefgehenden“ Erlebnis. Genauer gesagt: 16 Meter tief. Direkt unter dem Herzen der Stadt, der alten Genovevaburg.

 

Zwischen sechs verschiedenen Menüs können die Gäste wählen. „Kaue“, „Bergmanns-Vesper“, „Steiger“, „Katzenberg“ oder „Bergmannsbraten“ laden zum Tafeln unter Tage ein. Dahinter versteckt sich ländliche Kost, aufgetischt nach alter Bergmanns-Sitte. So serviert Wolf die Vorspeise gleich in typischen Bergmanns-Henkelmännchen. Kleine, verschließbare Behälter, in denen die Bergleute früher das Essen in den Stollen schleppten. Damals aus Blech, bei Wolf aus appetitlicherem Edelstahl. Eine deftige Kartoffelsuppe nach Omas Rezept schwimmt darin. Grob zerstampfte Kartoffeln mischen sich mit krossem Speck und Zwiebeln, frische Petersilie und Gartenkresse lockern das Ganze ein wenig auf. Rustikal auch das Hauptgericht. Nicht nur das Geschirr aus gusseisernen Tellern ist da „schwer“: Eine knusprig gebackene Schweine-Haxe, einfach drapiert auf mildem Wein-Sauerkraut. Auf weitere Deko verzichtet Wolf, setzt lieber auf Schiefer-Spartanität und reicht Schieferbrot mit scharf verfeinerndem Senf dazu. Obwohl mancher bei den riesigen Portionen schon nach dem zweiten Gang die Gabel streckt, möchte sich dennoch keiner das süße, rheinisch-österreichische Joint Venture entgehen lassen: Hausgemachte Marillenknödel, umrandet von einer hochprozentigen Waldbeerenmischung aus dem Rumtopf. Eine feine Weinschaumsoße gibt dem Ganzen den letzten Pfiff. Letztere selbstverständlich aus Schieferwein kreiert, denn alles andere wäre für Wolf ein Vergehen an seinem kulinarischen Schieferschwur. Wer bei so viel Kalorien und Fett bereits Angst hat, durch den Stollen zu krachen, für den gibt es aber auch ein feineres, leichtes Gourmet-Menü. Geräucherter Lachs und Forelle mit Dillsenfsoße und Sahnemeerrettich, marinierter Schrimps-Salat mit Antipasti, Seeteufel-Medaillons auf Blattspinat mit Prinzesskartoffeln und süße Bergmannsvariationen.

 

So kumpelhaft und Schiefer begeistert Wolf insgesamt seine Idee auch präsentiert, so geschäftstüchtig ist er jedoch in Wirklichkeit. Denn Kühe und frische Landluft lockten früher nicht in sein Lokal. Sinkende Besucherzahlen und Umsätze ließen auch schon andere Gastronomen in den letzten Jahren stöhnen. Neue Ideen waren daher gefragt. Die Erlebnisgastronomie entstand - ein Entertainment rund ums Dinner. Die Rechnung scheint gut aufzugehen. Dennoch hat sich der Mayener zusätzlich abgesichert. Mit Patenten auf seine Schieferspezialitäten und ein wenig Prominenz. Mario Adorf, berühmtester Sohn der Stadt Mayen, weihte den Stollen im Oktober ein.

 

Infos zum Bergwerk bei Nacht in Mayen
Am ersten Mittwoch im Monat kann man ohne Voranmeldung ins Bergwerk einfahren. Ansonsten ist eine Reservierung nötig. Ab 27 € pro Person.
Deutsches Schieferbergwerk, Mayen
Tel.: 02651/70 10 69
Internet: http://www.bergwerk-bei-nacht.de
E-mail: info@catering-partyservice24.de

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Weiteres:

Die Erlebnisgastronomie boomt. Dabei werden meist regionale Highlights, Entertainment und Gourmetvergnügen kombiniert. Um Ideen ist dabei keiner verlegen. Ein paar Beispiele


Sushiing in the Sky
Nicht unter, sondern über die Erde geht es bei diesem luftigen Dinner im kleinsten und flexibelsten Restaurant - der „Helicopter Lounge“. Einfach abheben und einen Flug über den Dächern der Stadt genießen kann man bei einem Aperitif, einem luxuriösem Sushi-Menü - serviert auf Granitplatten – Kaviar, Champagner und Digestif. Ein stilechter Limousinen-Shuttle-Service mit eigenem Chauffeur ist im Preis inbegriffen. Besonders romantisch wird das Erlebnis natürlich als Candle-Light Dinner, will man der Liebsten beim glutroten Sonnenuntergang einen Heiratsantrag machen. Preise auf Anfrage.
ZINO CONSULTING GmbH, Hamburg


Internet: http://www.zino-consulting.de
E-Mail: info@zino-consulting.de

 

Wenn Frankenstein kocht..
Mary Shelleys flickender Wissenschaftler mit dem Hang zur Elektrizität hat eine reale Vorlage: Konrad Dippel von Frankenstein. „My Home is my Castle“ - das soll er bis heute wörtlich nehmen und zwischen Kapelle und Pulverturm mit den ollen Knochen klappern. Die neuen Schlossherren kosten den Mythos jedenfalls gut aus und servieren ein schauriges Grusel-Comedy-Dinner. Eigor sucht verzweifelt ein Hirn und Dr. Frankenstein lässt das Monster haarsträubend auferstehen. Dazu gibt es Vorspeisen aus Eigors Lunchpaket, Salat aus dem Laborgarten mit dreimal wieder belebtem Fisch und Dr. Frankensteins Reste vom letzten Experiment. Ups! Teures Gruselspektakel mit 5 Darstellern auf der Burg Frankenstein ab 1.480 € pro Gruppe.
Burg Frankenstein Event und Restaurant, Mühltal


Internet: http://www.burg-frankenstein.de
E-Mail: burg-frankenstein@t-online.de

 

 

Kombiniere, kombiniere: Ein mordsmäßiges Menü
Frack und Fummel sind ein Muss, denn Kaiser Wilhelm lädt im Jahr 1904 zum geheimnisvollen Staatsbankett. Die Monarchie soll gerettet werden. Das gefällt anscheinend nicht jedem. Denn nicht nur der Wein tropft hier rot, sondern leider auch der Tischnachbar. Ob ihm das Essen geschmeckt hat, ist somit nicht mehr herauszufinden, wer der Mörder war, dagegen schon. Ein Dinner Macabre, aufgekocht von der duisburgschen Miss Marple Ute Bruckschen. Serviert im historischen Casino von Duisburg Rheinhausen. Ab 129 € pro Abend und Person oder aber als Weekend-Spezial mit Übernachtung ab 195 € pro Person.
Innepötte -Szenetheater & Eventagentur, Duisburg


Internet: http://www.innepoette.de

 


Baden im Mittelalter
Ritteressen gibt es in Deutschland inzwischen fast überall. Delikat wird es allerdings in der Nähe von Leipzig – beim Nacktessen im Badezuber. Beim Ausziehen kann ein Vorhang vorgezogen werden. Gnädig, denn ansonsten sieht man den nackten Tatsachen direkt ins Gesicht. Der „Bürgerschmaus“ bietet nicht nur Metwein aus dem Horn, eine Suppe nach Laune der Küchenmagd oder Altenburger Käs frisch vom Scheiterhaufen. Die Sitten waren schließlich rau, und das sind sie auch noch heute: Handwaschung, Feuerspucker, Prangerspaß und eine kleine Giftprobe gibt es also gratis dazu. Der Vorkoster wird gestellt. Wohl bekommt’s! Bezahlt wird in Silber und Taler, sprich 26 Taler und 50 Silberlinge (die moderne Umrechnung: 26,50 € pro Person.)
Wettiner Hof, Altenburg


Internet: http://www.uferburg.de
e-Mail: uferburg@t-online.de

 


Auf Kurs mit Captain Nemo
Die Kreidefelsen in Rügen brechen weg, doch ein Roman bleibt unsterblich. So wie die Bücher von Jules Vernes. Für das Restaurant „Nautilus“ Grund genug, die Gäste mit einem 3000 l großen Aquarium geradewegs 20.000 Meilen unter das Meer zu versetzen. Wasserorgel, Steuerrad und Schiffsglocke – alles in Nemos U-Boot ist nach der Filmvorlage erbaut. Die Kombüse-Spezialitäten sind normal fishy: Hausgemachter Pfefferhering nach dem Rezept einer alten Neukamper Fischersfrau oder andere schwimmende Variationen ab 8,90 €. Dazu gibt es hochprozentiges Bilgenwasser. Nicht in der Ostsee zu entsorgen, sondern nur im Rachen.
Nautilus Neptun GmbH, Neukamp Insel Rügen


Internet: http://www.ruegen-nautilus.de
E-Mail: info@ruegen-nautilus.de