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It`s a wild, wild world

Kanada in einem Zug

 

 

canadian

 

Wenn ein Kanadier das schnaubende Pfeifen einer Dampflok hört oder das surrende Starten einer Diesellok, dann ist er nicht mehr zu halten. Augenblicklich schießen Tränen der Rührung in seine Augen, und er denkt an die „Good old times“, auch wenn er sie selbst nie erlebt hat. Die Eisenbahn gehört zu Kanada wie die Rocky Mountains und die Prärien. Mit ihr kamen die Siedler ins Land, mit ihr wurde der Kanadische Westen erschlossen. Auf ihren Schienen fuhren die Goldgräber nach Klondike, erlebten dort den Goldrausch und brachten dem Land einen schier unendlichen Reichtum. Heute ist sie schlichtweg die beste Möglichkeit, dieses weite Land zu bereisen, denn, so lernt man gleich aus dem Reiseführer: „Kanada ist riesig. Nicht ein, nicht zwei, sondern drei Ozeane groß.“ Weiß Gott keine Übertreibung für das zweitgrößte Land der Erde. Am besten so zu entdecken wie es einst seine Gründerväter taten: von Ost nach West. Mit der nostalgischsten, rollenden Versuchung, die Kanada zu bieten hat: Dem „Canadian“. Flagschiff und Klassiker der staatlichen VIA Rail Company.

 

Kosmopolitischer Gigant

 

Vom Gleis aus ein letzter Blick auf den CN-Tower, den höchsten freistehenden Turm der Welt. Sinnbild für die beeindruckende Skyline Torontos – die größte Stadt des Landes. Doch die imposanten Wolkenkratzer sind nicht die einzigen „Höhepunkte“ der spritzigen Metropole. Der italienische Schriftsteller Umberto Ecco ließ sich nicht umsonst zu dem Zitat hinreißen „Für mich ist Toronto die Stadt, in der man zu Fuß gehen sollte.“ Toronto, das heißt so viel wie „Treffpunkt“. Und genau das ist es auch. Hier ist Multi-Kulti an jeder Straßenecke zuhause. Der Vielvölker-Mix, aus dem Kanada sich gegründet hat und der den besonderen Charme der bunten Metropole ausmacht. Engländer, Chinesen, Italiener, Spanier, Franzosen und Portugiesen – alle waren sie hier und alle haben sie Toronto ihren Stempel aufgedrückt. Mit Chinatown, seinen bunten Neonlichtern und dem geschäftigen Treiben eines Little-Hongkong. Die Danforth Avenue, in der man zu Sirtaki-Klängen und Souflaki nach Griechenland abtaucht oder die College Street in Little Italy, die einen warm mit La Dolce Vita und italienischem Temperament umhüllt. Der Abschied von der quirligen Stadt fällt schwer, doch immerhin liegen noch ganze 4.500 km vor uns, bevor wir schließlich Vancouver erreichen werden. Und Toronto ist nur ein Steinchen in einem großen Mosaik.

 

50er Jahre und Kuppelkino

An Bord des „Canadian“ wird man sogleich freundlich von einem Steward begrüßt und vom Gepäck befreit. Entspannender könnte das Einchecken nicht sein. Der Service an Bord gilt gemeinhin als einer der besten des Landes. Wein und Champagner, Kaffee oder Tee, alles wird einem auf silbernem Tablett serviert. Um das Herrichten der Betten kümmert sich das Bordpersonal. Room-Service ist selbstverständlich, und auch sonst wird einem jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Der „Canadian“ wartet mit einem 24-Stunden Service auf, der Seinesgleichen sucht. Das "Silver & Blue"-Abteil ist eine Meisterleistung des Art-Deco. 50er Jahre durch und durch. Silberfarbene, blank polierte Wände, die spielerisch dezent die pastellfarbenen Farbtöne der Interieurs widerspiegeln. Silbern und pastellfarben auch die beiden Restaurants, in denen die besten Weine Kanadas und preisgekrönte Menükreationen kredenzt werden. Die kulinarischen Auszeichnungen verwundern nicht, denn alles, vom gebackenen Croissant am Morgen bis zum Wildragout am Abend wird frisch zubereitet. Die Gourmet-Künstler der Bordküche geben sich nicht mit Halbheiten zufrieden. Es muss perfekt sein. Nicht weniger ist ihr Versprechen, nicht weniger das exzellente Resultat. Im Domewagen wird schließlich klar, warum es die Kanadier waren, die als Erfinder des IMAX-Kinos für Furore sorgten. Ganz nach Kuppelkino-Manier wurde hier ein Programm der besonderen Art entworfen: Natur pur, rund um die Uhr. Zu bestaunen im 360°-Verfahren, durch riesige Panoramafronten, die erst unter den Füßen enden. Ein Spektakel ohne Sendepause, ohne Wiederholung, atemberaubend abwechslungsreich, stetig wechselnd und unvorhersehbar. Dass man dabei in einem bequemen Sessel sitzt, vergisst man fast völlig. Wie auf einem fliegenden Teppich gleitet man durch die Landschaft, lässt Zeit und Raum hinter sich. Für Zugliebhaber ist der Kuppelwagen ein doppelter Genuss, da man im gläsernen Dome von oben einen Blick auf den gesamten Silberpfeil hat. „Top of the train“ sozusagen. Das Reiten des „Dampfrosses“, was man sonst nur von spektakulären Westernfilmen kennt – hier kann es jeder für sich aufleben lassen. Völlig ungefährlich, rundum gepampert und verwöhnt, mit einem Glas Champagner in der Hand, und dennoch mit diesem gewissen Hauch des Abenteuers.

 

Wilder Westen

Die majestätischen Rocky Mountains, spiegelblanke Seenplatten, kilometerlange Wälder, Schluchten und endlose, einsame Prärien ziehen vorbei. Bären und Hirsche, Eichhörnchen und Murmeltiere gesellen sich ab und an an den Wegesrand. Und wenn in der Nacht ein riesiger Mond über den Wipfeln erscheint, verschlägt es einem gänzlich die Sprache. Die Zeit vergeht wie im Flug in diesem Naturspektakel. Viel zu schnell ist Vancouver erreicht. Die „Perle des Pazifiks“. Zentrum von British Columbia, dem Wilden Westen Kanadas. Wen die Sehnsucht nach Grün und unberührter Natur wieder packt, der kann hier jederzeit zu ihr zurückkehren. Vor der Nase liegt der Pazifik, im Rücken die Küstenberge. Man kann sich aussuchen, ob man lieber nach Vancouver Island segeln, eine der Walbeobachtungen erleben oder doch lieber in den Bergen wandern möchte. In Vancouver ist einfach alles möglich. Doch sollte man sich auf keinen Fall einen Bummel durch die Stadt entgehen lassen. Durch Gastown mit seinen alten Backsteinhäusern und den Kopfstein gepflasterten Straßen. Durch die Geschäftsviertel mit seinen gläsernen Wolkenkratzern, die wie Gold in der Abendsonne funkeln. Und natürlich einmal, nur einmal durch den Dr. Sun Yat-Sen Classical Chinese Garten – der erste klassische chinesische Garten, der außerhalb Chinas im Stil der Ming Dynastie angelegt wurde. Dieses Land macht süchtig. Und ich kenne schon mein nächstes Urlaubsziel. Kanada, und immer wieder Kanada. Bitte, noch einmal „IMAX-Live“. Mit dem „Endlos-Return“ Button, bitte.